„Krebs-Report: Der Rambo unter den Testessern”

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Robert Krebs war als Koch international unterwegs, als Kickboxer ein respektierter Kämpfer und ist als Restaurant-Kritiker gefürchtet und hofiert. Jetzt hat er mit seinem Krebs-Report wieder zugebissen.

Wenn Robert Krebs ein Restaurant betritt, geht ein Raunen durch die Reihen. Ausgelöst wird es durch das massive Auftreten des bullig wirkenden Einsneunzig-Mannes. Denn die Speisehäuser, die Krebs besucht, gehören zu den feinen Adressen. Restaurants, in denen ansonsten gut gekleidete Damen und Herren sich zurückhaltend bewegen, ein offenkundiges Interesse an guten Manieren und stilvollem Outfit demonstrieren.

Krebs sind Etikette schnell egal, vor allem, wenn er den Eindruck gewinnt, dass der Service nicht richtig spurt und aus der Küche Gerichte gebracht werden, deren Genießbarkeit er in Frage stellt. Dann lässt er schon mal den Küchenchef antanzen, erzählt dem Service wo es lang geht und warum er sich überhaupt die Qual gibt hier zu essen: Um sein Urteil abzugeben.

Mächtiges Austeilen und wortreiches Loben

Seit 30 Jahren ist der gelernte Küchenmeister als Restaurant-Tester in Deutschland unterwegs. Nach seinen eignen Angaben hat er „über 4000 Häuser getestet und dabei rund 1,2 Millionen Euro verfrühstückt”. Die Rechnungen bezahlt haben seine damaligen Auftraggeber wie etwa der Aral-Schlemmer-Atlas oder der Große Bertelsmann.

Heute futtert und schreibt der 64-Jährige auf eigene Rechnung. Im Selbst-Verlag hat er jetzt seinen Robert-Krebs-Report herausgegeben, in dem er Hamburger und ausgewählte schleswig-holsteinische Restaurants beschreibt und bewertet. Getreu seinem (knalligen) Ruf teilt er hier und da mächtig aus, lobt aber auch wortreich, wenn ihm Küche, Service und Drumrum gefallen haben.

Ein Testessen mit Robert Krebs

Wir treffen uns im Hamburger Bistro-Restaurant Casse-Croûte. Im Krebs-Report gehört der In-Treff in der Nähe des Gänsemarkts zu den gelobten Adressen. Zwei von fünf möglichen Krebs-Mützen darf das Haus mit „der ambitionierten Küche zu zivilen Preisen” für sich verbuchen. Doch als dann serviert wird, verfinstert sich die Laune des Testesser. Ob Tomatensuppe, Rinder consommé, Königsberger Klopse oder Wiener Schnitzel, alles lässt zu wünschen übrig. Es besticht eher durch verfehlte Würzung, ist mal zu sauer, mal zu fad, die Klöpse zu fest und ohne Geschmack, das Schnitzel zu dick, zu dunkel und die Panade weder luftig noch knusprig, sondern pappig.

Krebs lässt den Chef kommen. Der kann aber nicht, weil er an dem Tag nicht da ist. Sein Stellvertreter muss vortreten und sich die Leviten lesen lassen. Krebs gibt sich zu erkennen. Sein Gegenüber versucht sich mit Entschuldigungen, zeigt sich aber auch erstaunt über das Urteil, sind sonst doch alle Gäste zufrieden. Was soll’s, im Krebs-Report kommt das Casse-Croûte positiv weg und bis der nächste Report erscheint, wird sicher auch wieder der Küchenchef selbst die Chance haben, das Krebs-Urteil zu bestätigen.

Anders sieht es in den Häusern aus, die im Report als mäßig bis miserabel eingestuft werden. Zum Beispiel das „Broscheks” im Hamburger Hotel Renaissance. Dem Küchenchef des eigentlich ganz ansprechenden Restaurants schlägt Krebs eine Pfanne über den Kopf - jedenfalls symbolisch. Eine kleine Zeichnung, die den dramatischen Pfannenschlag zeigt, findet sich auf den Seiten, wenn ein Speisehaus bei Krebs total durchgefallen ist. Im Fall von Broscheks ist das Urteil nur bedingt richtig, wie ich bei einem meiner Besuche feststellen durfte.

Pointierte Respektlosigkeit

Der zuschlagende Krebs zeigt sich aber auch bei den In-Läden wie Henssler&Henssler unerschrocken. „Ambiente und Ausstattung” des angesagten Hauses erinnert den Tester „eher an eine Kantine”. An der ein oder anderen Speise nörgelt Krebs herum, weil ihm „das richtige Aroma fehlt”. Seine Kritik steigert sich, als er auf das Kokusnussparfait zu sprechen kommt: „Mit Hammer und Meißel mussten wir dem zu Leibe rücken. Schade drum!”

Es sind diese pointierten Urteile, die Respektlosigkeit gegenüber TV-Köchen oder angesagten und weithin gerühmten Restaurants, die dem Krebs-Report seine besondere Würze geben und auch schon die Hamburger Boulevarpresse auf den Plan riefen. Krebs ist eben ein Typus von Gourmet-Kritiker, wie es ihn sonst nicht gibt.

Aber auch er hat seine Freunde, wird gerade von Köchen wegen seiner klaren und fundierten Meinung geschätzt, manches Haus lässt sich auch von ihm beraten.

Hamburg und Schleswig-Holstein in der Kritik

Mit seinem aktuellen Guide „Hamburg kulinarisch”, wie der Report im Titel heißt, bringt er gerade wieder etwas Bewegung in die Restaurantszene. Darüber ist naturgemäß nicht jeder glücklich, auch die ganzseitigen Werbungen für das ein oder andere Haus, das auch besprochen wird, stößt auf Kritik, aber schließlich muss der Ein-Mann-Unternehmer auch sein Buch finanzieren.

So ist der Krebs-Report eine Mischung aus unterhaltenden Restaurant-Kritiken, guten Tipps und manchen Entdeckungen. Die echten Könner unter den Köchen und die zu Recht seit Jahren als Spitzenhäuser anerkannten Restaurants müssen auch nichts vom Rambo der Test esser fürchten. Gute Qualität weiß Krebs zu schätzen und zu bejubeln.

In Schleswig-Holstein ist es vor allem die Lübecker Bucht, die sich Krebs vorgenommen hat. Sein Blick richtet sich dabei ausschließlich auf die Spitzenhäuser, die auch allesamt Bestnoten bekommen.